Neun Tage Intensiv-Schreibcamp sind vorüber. Alle Teilnehmer sind gut nach Hause gekommen, und jeder prüft mit kritischem Auge, was mehr zugenommen hat: der Text oder der Autor. Zu meinem Glück kann ich vermelden: Der tägliche Spaziergang nach dem Mittagessen regt nicht nur die Verdauung, sondern auch den Geist an!
Aber beginnen wir von vorne.
Das diesjährige Herbstcamp von Michael M. Thurner war auf neun Tage angelegt. Bis auf einen Camp-Neuling waren wir allesamt Wiederholungstäter, es war ein fröhliches Wiedersehen mit den Kollegen aus Deutschland und der Schweiz. Die Stimmung war somit von Anfang an sehr entspannt und kreativ. Im Gegensatz zu früheren Seminaren, bei denen es um die Vermittlung von Basiswissen ging, sollte diesmal ausschließlich an den eigenen Texten gefeilt werden. Für manche bedeutete das, ein Konzept auszuarbeiten, andere arbeiteten am Exposé. Ich gehörte zu der Gruppe, die vor allem eines wollte: schreiben.
Nun gut, schreiben kann man bekanntermaßen ja auch zu Hause, warum also dafür extra ein Seminar besuchen? Zum einen finden viele von uns im Alltag einfach nicht genug Ruhe, um sich voll und ganz aufs Schreiben zu konzentrieren. Zum anderen hat man in der Gruppe stetiges Feedback, Rückhalt, Gedankenanstöße … Oft braucht es nur einen kleinen Stups von einem Unbeteiligten, und schon flutscht es wieder.
So jedenfalls war es bei mir. Durch verschiedene Zwischenprojekte und persönliche Widrigkeiten musste ich mein Romanprojekt längere Zeit vernachlässigen und stand damit regelrecht auf Kriegsfuß. Ich bin einfach nicht mehr ins Arbeiten gekommen, meine Begeisterung war erloschen. Die Charaktere kamen mit den Dingen, die ich für sie vorhatte, nicht recht in die Gänge, bei anderen Handlungen wusste ich überhaupt nicht, wie ich sie hätte zusammenführen sollen. Vor dem Camp habe ich das Projekt daher gar nicht mehr angegriffen – ich habe auf ein Campwunder gehofft.
Nachdem die ersten Besprechungen an Tag 1 des Camps ja noch recht gut verlaufen waren, kam an Tag 2 für mich ein höllisches Tief. Am liebsten hätte ich das Projekt an die Wand geworfen (aber ohne Laptop). Ich fand die Idee furchtbar, die Umsetzung grauenhaft, mein gesamtes Schreibdasein eine hochtrabende Lüge mir selbst gegenüber. Solche Phasen macht soweit ich weiß jeder Autor durch. Voller Verzweiflung stand ich also beim Meister – der mit gezielten Fragen den Finger auf den wunden Punkt gelegt hat. Und siehe da: zwei kleine Anschubser, und die Begeisterung war wieder da!
Nach neun Camptagen sah das Fazit also folgendermaßen aus:
Meine verkopfte Actionszene wurde abgeklopft, zerkrümelt, neu zusammengesetzt und erstrahlt nun in neuem Glanz. Das Manuskript ist um stolze 90.000 Anschläge angeschwollen und ich befinde mich wohlgemut auf dem Weg ins letzte Romandrittel – mit dem festen Vorsatz, die Rohfassung bis Ende des Jahres fertig zu schreiben. Mit nach Hause gebracht habe ich zwei Waschmaschinen-Ladungen an Schmutzwäsche, zu Hause vorgefunden habe ich einen kaputten Kratzbaum und mehr Schoki, als ich der Katzensitterin zur Bestechung dagelassen hatte … Spannend.
Jetzt muss ich vor allem vieles aufarbeiten, denn am Samstag geht es schon wieder los für mich – mit Camp Nummer 2! Hier noch ein paar Eindrücke vom Camp-Alltag – wer behauptet, Schreiberlinge wären langweilige Stubenhocker?