Was eigentlich nur ein cooles Addon zum Crowdfunding-Projekt von Noras Welten – Die Nebelwanderin werden sollte, hat sich als ziemlich kompliziertes Arbeitsprojekt entpuppt. Aber wie heißt es so schön? Man wächst an seinen Herausforderungen! Deshalb hier eine kleine Geschichte zur Entstehung meiner Drachenschale.
Die Idee
Ich wollte etwas Besonderes für meine Kampagne, das natürlich zur Buchreihe passen sollte, aber eben auch ein Hingucker ist, den man nicht in jeder Buchbox bekommt. Da wir zwei 3D-Drucker haben, lag der Gedanke nahe, diese zu nutzen. Nur wie?
Meine erste Idee: Charakterfiguren. Aus Motivationsgründen hatte ich mir bereits über Heroforge die Helden von einigen meiner Büchern als 3D-Miniaturen gebastelt, also habe ich versucht, hier Vertriebsrechte für eine kleine Auflage zu besorgen. Tja, leider Pustekuchen, die Lizenz ist nicht erhältlich. Es gäbe zwar noch ein paar andere Anbieter, aber da sah es rechtlich nicht besser aus bzw. haben mir die Figuren nicht gefallen. Aber so einfach gebe ich schließlich nicht auf!
Die nächste Idee: ein Drache! Es gibt viele Leute, die ihre 3D-Modelle zur freien Nutzung ins Internet stellen. So habe ich auch diese hübsche Drachenschale hier gefunden. Süß, nützlich, ein Hingucker im Regal … Perfekt! Leider fehlen auch hier die Vertriebsrechte, die Künstlerin selbst war untergetaucht und eine Alternative war einfach nicht zu finden. Aber die Idee hatte sich festgebrannt. Ich wollte eine Drachenschale! Und soooo aufwändig sah die doch auch nicht aus, oder? Immerhin habe ich schließlich mal meinen Abschluss an der Kunstschule gemacht und dort ganze vier Jahre lang mit Keramik herumgematscht.
Mein persönlicher Rashuk, mit Noras Weltenamulett in den Klauen … DAS wollte ich haben!
Ran an den Drachen!
Gedacht, getan! Jedenfalls in der Theorie. Da war alles ganz leicht: Drache basteln, einscannen lassen, drucken. Aber wie so oft gehen Theorie und Praxis leider gern unterschiedliche Wege.
Zunächst bemäkelte mein Mann und Drucker-Experte, dass mein Entwurf nicht gut druckbar wäre. Leider habe ich die Skizzen nicht mehr, aber hauptsächlich ging es um die Kopfhaltung des Drachen, die Stützen innerhalb der Schale erfordert hätte. Gut, guckt er halt nach oben! So kann man auch viel besser in die Schale greifen als wenn der da seine Nase reinsteckt.
Als nächstes stellte sich heraus, dass das Einscannen keine Nebensächlichkeit ist. Zwar gibt es in Hamburg ein paar Firmen, die das übernehmen – dank Pandemie ist es aber zum einen nicht so einfach, dort einen Termin zu kriegen, zum anderen belaufen sich die Kosten dann so um die 150,- EUR aufwärts. Ergebnis ungewiss.
Eine Google-Recherche zeigt aber: Auch das kann man selber machen! Es gibt kostenfreie Programme (in meinem Fall 3DF Zephyr), bei denen man sein Objekt nur aus diversen Richtungen fotografieren muss und schon wandelt das Programm die Daten in ein 3D-Modell um. Genial! Allerdings nur für Windows. Möp. Zum Glück hat auch die MacBook-Userin Freunde mit Windows-Stand-PCs mit super Grafikleistung. (Vielen Dank nochmal an Valentin für seinen Einsatz und seine Geduld!)
Das Modell
Nachdem das geklärt war, konnte ich endlich mit dem Basteln loslegen. Dafür habe ich zwei Entscheidungen getroffen. Erstens: Als Material wollte ich Ton verwenden. Kannte ich aus der Schule, wird beim Lufttrocknen fest und wenn man ihn befeuchtet wieder formbar, sodass ich erst eine stabile Grundform bauen und danach die Details nacharbeiten konnte. Mit Fimo kenne ich mich zu wenig aus, was das wieder formbar machen angeht, und die Knete meiner Tochter beweist, dass dieses Zeug von Stabilität weit entfernt ist.
Zweitens: Eine glatte Schale ohne Gussform oder Töpferscheibe halbwegs gleichförmig hinzukriegen ist erfahrungsgemäß eine Tortur (und mit der Töpferscheibe stand ich während meiner Schulzeit ohnehin immer auf Kriegsfuß). Also habe ich mir stattdessen gebraucht eine günstige Schale in der passenden Größe besorgt, immerhin würde letzten Endes ohnehin alles aus dem Drucker kommen und gleich aussehen.
So weit, so gut. Ein paar abendliche Sitzungen später hatte ich einen Drachen mit einer Schale (und einem etwas gewöhnungsbedürftigem Amulett) und dachte, das Schlimmste wäre damit überstanden. Tjaja.
Drachentöter
Dinge, die ich unter viel Fluchen gelernt habe:
1. Ton trocknet auch bei Kälte, und zwar sehr schnell. Da es im Tutorial von 3DF Zephyr hieß, man solle doch natürliches Licht nutzen, möglichst schattenlos, stand ich bibbernd im Schneefall auf dem Balkon und bin um den Drachen herumgeturnt. Mehrmals, weil ihr erinnert euch: Theorie und Praxis. Insgesamt habe ich die Schale ganze dreimal aus allen Winkeln abgeknipst, und selbst das hat nicht gereicht.
2. Wenn Ton trocknet, zieht er sich zusammen. Eine fertige, gebrannte und glasierte Schale nicht. Ergebnis: Nach jeder Fotosession sah der Drache aus, als hätte er gerade etwas versucht, sich aus seiner Tonhülle zu befreien. Flicken war angesagt.
3. Stellt eine Kamera auf einen Punkt scharf, wird alles rundherum unscharf. Das wusste ich zwar, aber ich hatte dennoch gehofft, dass ich irgendwie die gesamte Schale samt Drache halbwegs abbilden kann. Leider nein. Und da die Gratisversion von Zephyr nur 50 Fotos zulässt, war es jedes Mal ein Bangen und Hoffen, ob das Programm genug Bilder als geeignet zulässt. (Deshalb auch die mehrfache Wiederholung des Ganzen.)
4. Eine glasierte Schale glänzt. Und Tonrückstände auf dieser Schale machen das Scannen nicht leichter (indem sie die Fläche mattieren), sondern täuschen bloß Strukturen vor, wo keine sind.
Das Endergebnis seht ihr rechts. Löchrig, ungenau, von den Details im Gesicht keine Spur. Sollte so viel Mühe beim Modellieren umsonst gewesen sein?
Zumindest aus dem Gesicht wollte ich mehr herausholen. Und da es unmöglich war, die gesamte Schale scharf abzulichten (und sie außerdem inzwischen immer mehr zu Bröseln zerfiel) habe ich einen drastischen Entschluss gefasst. Behalten konnte ich den Tondrachen ohnehin nicht. Also? Ab mit dem Kopf! Nach weiteren drei Fotosessions hatte ich damit zumindest eine Seite des Gesichts auf dem Rechner.
3D-Modellierung
Und wieder ging es ans Basteln. Dafür, dass ich mich eigentlich für das Ton-Modell entschieden habe, weil ich keine Ahnung von digitaler 3D-Modellierung habe, saß ich erstaunlich viele Stunden am Laptop, um das Ding zusammenzustoppeln und nachzubearbeiten. Verwendet habe ich dafür das Program Meshmixer, das ebenfalls kostenlos und sogar für Apple geeignet ist. Juhu!
Im Zuge dessen habe ich auch die gescannte Schale samt Amulett rausgeworfen und beides stattdessen direkt am Rechner erstellt, wobei das Amulett im Illustrator gezeichnet und dann in Tinkercad dreidimensional gemacht wurde.
Druck und los?
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte eine Ahnung, was genau dann alles noch angepasst werden musste, um das Ding druckbar zu machen und den Drucker passend einzustellen. Meine Aufgabe war einfacher: Den fertigen Drachen bemalen und einen Glitzerstein ins Amulett kleben!
Ganz so einfach ist es allerdings nicht, wie man am Prototypen sieht. Der musste für den Kampagnenstart schnell fertig werden, aber mit dem Anmalergebnis bin ich noch nicht ganz zufrieden. Da werden in den nächsten Wochen also noch einige Experimente folgen, damit all die Unterstützer:innen, die sich für die Adoption eines Schatzdrachens entschieden haben, auch wirklich die tollstmögliche Version bekommen.
Fazit: Einfach war es ganz sicher nicht. Aber ich habe viel gelernt, und wenn ich mir die Schale ansehe, die ich ursprünglich verwenden wollte, muss ich sagen: Mein Rashuk ist schon toll geworden! Ich hoffe, euch gefällt er genauso gut wie mir. Und wenn irgendwann die Messen wieder losgehen, werde ich ganz bestimmt einen Schatzdrachen dabei haben, der irgendwas Tolles für euch bereithält.
Bis 2. Mai habt ihr noch die Möglichkeit, einen eigenen Drachen (bemalt oder unbemalt) zu adoptieren: www.startnext.com/noraswelten3