Ein Klischee so alt wie die Debatte “Lichtschwert oder Vulkanier-Gruß”: Science Fiction ist Männersache, Frauen haben ihre Einhörner und Elfen. Es mag seltsam anmuten, aber ich lese und schreibe nicht nur selbst Science Fiction – ich kenne auch noch genug Frauen, die sich von Raumschiffen genauso wenig abschrecken lassen.
Im September und Oktober war ich mit PERRY RHODAN unterwegs, um mich und auch meinen NEO-Roman vorzustellen, der am 4. November erschienen ist. Wie es dazu kam, habe ich ja schon ausführlich geschildert (in meiner Autorenvita und im Interview mit Klaus N. Frick). Erstaunt hat mich, dass die häufigste Frage, die mir seitdem gestellt wird, lautet: “Hast du die Serie vorher auch schon gelesen oder bist du erst mit deinem Roman eingestiegen?”
Natürlich kann man mit vorgegebenen Exposés durchaus auch für Serien schreiben, in denen man bis dahin nicht bewandert war – wenn man gut ist. Aber PERRY RHODAN gehört für mich nicht in diese Kategorie. Der Serienkosmos ist groß, die Qualitätsansprüche hoch. Der Leser soll mit jedem Band mühelos in die Geschichte einsteigen können, und dazu muss der Autor ihm die Weichen richtig stellen können. Abgesehen davon hätte die Redaktion wohl kaum einen Neuling abgesegnet, der sich noch niemals mit der Serie befasst hat.
Warum erstaunt es also so sehr, dass ich die Serie kenne? Zugegeben, noch nicht so lang wie so mancher Leser, aber mir fehlen da ja auch einige Jährchen, der gute Perry könnte mein Opa sein. Es war keineswegs mein erster Kontakt zur Science Fiction, nicht einmal, was das Schreiben angeht. Auch wenn ich davor vor allem Horror und Thriller geschrieben hatte – mein erster Roman, die Erstversion zu Das Unglück Mensch (2010, erschienen 2013), war eine Dystopie. Erst danach kam die Fantasy, und die war eher ein Zufallsprodukt.
Am AustriaCon in Wien wurde ich gefragt, wo ich den Unterschied zwischen Fantasy und Science Fiction sehe. Meine Antwort ist und bleibt: Ich sehe keinen. Natürlich, das eine hat Magie und mystische Wesen, das andere Raumschiffe und Androiden. Was mich an den Geschichten reizt, bleibt aber immer dasselbe: Die Charaktere und wie sie mit den Aufgaben umgehen, die ihnen gestellt werden. Die Phantastik bietet einfach mehr Möglichkeiten, brenzlige Themen aufzugreifen und sie hübsch verpackt einem breiteren Publikum unterzujubeln. Sie lässt zu, dass wir das Undenkbare denken und das Unaussprechliche sagen.
In meinem Roman Flammen des Sommers beispielsweise geht es um die Ausgrenzung und später sogar um die geplante Ausrottung aller magischen Wesen. Einer breiten Bevölkerungsgruppe, die zwar teils animalisch, teils jedoch durchaus humanoid genug ist, um mit Menschen Nachwuchs zu zeugen. Ein Thema, das, würde man es aus der Phantastik in die Gegenwartsliteratur versetzen, nur schwer verdaulich wäre.
Ein Perry-Leser sagte mir, wie gut es wäre, dass nun mehr Frauen im Team wären, weil diese einfach anders schreiben. Mehr von innen heraus. Ob das stimmt, könnt ihr vielleicht in Das Cortico-Syndrom selbst beurteilen. Für mich jedenfalls steht fest, dass gerade diese inneren Konflikte das sind, was mich sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben am meisten reizt. Alles andere ist nur Deko.
Ein Problem allerdings habe ich mit dem Schreiben von Science Fiction: Mein Begriff davon scheint veraltet zu sein. Wenn ich an Science Fiction-Filme denke, kommt mir zu allererst Alien in den Sinn (jawohl, ich sagte doch, ich komme aus der Horror-Ecke). Raumschiffe, aus denen fast das Motoröl tropft, widrige Umstände auf fremden Planeten … Genau das war das Bild, das ich auch für meine Geschichte Archeus Z-43 im Kopf hatte.
Je weiter unsere aktuelle Technik fortschreitet, umso seltsamer kommt es einem vor, diese Dinge in Science Fiction-Romanen unterzubringen. Marvel-Verfilmungen zeigen modernere Technik als das, was teilweise unter Science Fiction im Kino läuft. Klare Weltraumabenteuer sieht man kaum mehr (natürlich, aktuell die neuen Star Trek-Filme, die zugegeben ganz nett sind – aber auch nichts Neues zeigen), und die Vorzeigetechnik mutet eher wie eine Programmvorschau auf die nächste Generation von iPads an.
Gute Science Fiction-Filme habe ich nur aus den 90ern im Kopf. Danach gab es einiges an tollem Material (Splice zum Beispiel finde ich persönlich sehr gelungen), das jedoch mit anderen Genres zusammenwächst. Horror, Fantasy sind dabei die häufigsten Kandidaten. Und ich liebe das. Aber es ist nicht dieses Weltraumabenteuer- und Zukunfts-Gefühl von früher. Wir sind in der Zukunft angekommen, die Technik hat uns eingeholt. Den Weltraum dagegen haben wir noch immer nicht erobert, und so gerät er ein wenig in Vergessenheit.
Wie gut, dass es PERRY RHODAN gibt, nicht wahr? 😉 Also, langer Rede kurzer Sinn: Lest unseren NEO! Science Fiction ist bei weitem keine Männerdomäne.