“Wer rastet, der rostet” heißt es ja bekanntermaßen. Aber so richtig Öl ins Getriebe schmiert man, indem man ab und zu etwas völlig Neues ausprobiert. Und so habe ich mich am Wochenende mit einem kleinen Experiment für zwischendurch herumgeplagt, das sich als echte Herausforderung entpuppt hat.
Normalerweise bin ich immer bemüht, meine Projekte abzuschließen (zumindest was das Schreiben angeht), bevor ich etwas Anderes in Angriff nehme. Besonders wenn man sich in verschiedenen Genres und dadurch in unterschiedlichen Sprachwelten bewegt, kommt man sonst sehr leicht durcheinander. Derzeit stecke ich ja eigentlich bis über beide Ohren im neuen Fantasy-Roman und möchte den rasch voranbringen. Aber wie das Leben so spielt – es läuft selten wie geplant, und manchmal kommt es eben zu Terminkollisionen.
Aber davon lässt sich ein motivierter Schreiberling nicht abschrecken, ganz und gar nicht! Also ran an die Tasten. Übrigens, weil ich unlängst gefragt wurde: Ja, ich tippsle ganz banal auf meinem Laptop, kein Voice-to-Text-Porgramm oder spezielle Bleistifte – von zu langem Schreiben per Hand tut mir alles weh, außerdem drehe ich jeden Satz zigmal um. Das wäre ein ganz schönes Chaos auf Tonband und Papier. Also wie gesagt – ran an die Tasten, Recherchematerial sichten, brainstormen und los geht’s!
Ein Gespräch über Perspektiven hat mir unlängst die fixe Idee in den Kopf gesetzt, bei besagtem Kurzprojekt etwas für mich bis dato Unbekanntes zu versuchen: die Du-Perspektive. Gelesen habe ich (außer vor langer langer Zeit im Deutsch-Unterricht) noch nichts damit. Vermutlich liegt das auch daran, weil diese Perspektive für längere Texte eher ungeeignet ist. Man muss gewaltig umdenken beim Schreiben, damit es funktioniert. Und es kann gewaltig in die Hose gehen, wenn der Leser sich in eine aktive Rolle hineingedrängt fühlt, mit der er sich nicht identifizieren kann. Aber wenn es klappt, so jedenfalls mein Gedanke, wird der Leser noch tiefer in die Geschichte verstrickt als bei einer fremden, vorgegebenen Ich-Perspektivenfigur. Und das musste ich einfach probieren!
Interessanterweise war es genau diese Wahl, die letztendlich das Thema meines Kurzprojektes bestimmt hat. Ich wollte eine Geschichte, die jedem passieren kann. An der sich jeder beteiligt fühlt, in die sich jeder hineinversetzen kann, weil es jeden betreffen kann. Den Leser zum Täter machen, sozusagen. Es ist zwar noch nicht fertig, aber bisher klappt’s ganz gut!
Was mir dagegen ein wenig Probleme bereitet, ist das Genre. In den letzten Jahren habe ich mich da selbst sehr verwöhnt mit lustigen Fantasy-Geschichten, aber wer frühere Werke von mir kennt weiß, dass ich auch ganz anders kann. Damals war ich ja noch der Meinung, schreiben dürfte ich nur, wenn ich damit “anständige und ernsthafte” Literatur produziere. Man ist jung, man will die Welt verbessern. Heute weiß ich, dass ich schreiben darf, was immer mir Spaß macht – eventuell liest es dann eben keiner, aber ich hatte meine Freude am kreativen Output.
Heute weiß ich aber auch noch etwas anderes: Warum ich damals bloß auf ein paar Geschichten im Jahr kam. Natürlich lag das zum Teil an der fehlenden Übung und an der restriktiven Selbstkritik. Ich muss jedoch zugeben, dass dramatische Texte verdammt anstrengend zu schreiben sind. Sie sollen den Leser packen und wachrütteln, und das bedeutet, dass auch der Autor ordentlich unter ihnen zu leiden hat. Sich von seinen eigenen Geschichten abkapseln ist nicht möglich. Wenn man dem Leser ein Gefühl vermitteln möchte, muss man es beim Schreiben erst einmal selbst durchleben. Ich erinnere mich gut, dass ich früher beim Schreiben teilweise von Albträumen geplagt wurde, weil die Geschichten mich einfach nicht loslassen wollten, auch wenn ich den Schreibtag für beendet erklärt hatte.
Bisher habe ich es jedoch nie bereut, meinen Geschichten den Raum gegeben zu haben, den sie verlangt haben. Schreiben ist nicht immer einfach – aber je schwieriger es ist, umso mehr zahlt es sich meistens aus, dranzubleiben, die Zähne zusammenzubeißen und das Projekt zu Ende zu führen.
Und ich habe ja die Aussicht, bald wieder in freundlichere Schreibgefilde flüchten zu können. In diesem Sinne – stay tuned, bald gibt es wieder mehr zu lesen!