Wer ein kreatives Hobby wie das Schreiben hat, wird immer wieder mit den selben Fragen konfrontiert – man könnte sie fast schon Frequently Asked Questions nennen. Um den Vorhang ein wenig zu lüften und Licht hinter die Kulissen des Schreiberdaseins zu werfen, hier ein kleiner Überblick.
Wo nimmst du deine Ideen her?
Egal, wie viele Schriftsteller und andere Künstler bei dieser Frage schon innerlich die Augen verdreht haben, immer wieder wird sie gestellt. Ich möchte dazu einmal Konfuzius bemühen, der meinte “Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.”
Tatsache ist, man kann recherchieren und nachdenken, was bei zu viel Bemühung gezwungen wirkt. Man kann sich inspirieren lassen von Geschichten, Musik, und anderem, was Dinge in einem selbst bewegt, und die Gedanken aufschreiben, die sich dabei entwickeln, solange man dabei nicht einfach abkupfert. Oder man kann in den Topf der eigenen Erfahrungen greifen, was für andere allerdings sehr leicht zu wirr und gefühlsgeladen werden kann.
Idealerweise besitzt eine Geschichte Eigenschaften aus allen Bereichen und setzt sich aus guter Recherche, Überdenken des Bekannten und persönlicher Sicht zusammen. Für mich funktioniert es bisher am besten, mich von Musik und kleinen Alltagserlebnissen inspirieren zu lassen und dann so lange darüber zu grübeln, bis die Geschichten ihr Eigenleben entwickeln und mich mitreißen.
Eigenleben? Du bestimmst doch, was in deinen Geschichten passiert!
In der Theorie stimmt das. In der Praxis kenne ich keinen Autor, der nicht manchmal mit seiner Geschichte hadert, wenn sie sich einmal wieder in eine Richtung bewegt hat, in die man gar nicht wollte. Man kann nicht mitten in der Geschichte seine Charaktere zu etwas zwingen, das der Natur zuwiderläuft, die man ihnen zugeschrieben hat, oder logische Konsequenzen einfach außer Acht lassen, nur weil sie einem nicht in den Kram passen.
Der Vorteil daran ist, dass Geschichten ab einem gewissen Zeitpunkt auch ohne Planung einfach vorankommen wollen und sich zwar nicht von selbst schreiben, aber doch konsequent in eine Richtung drängen, der man als Schreiber einfach folgen darf. Frei nach dem Motto “Wer A sagt, muss auch B sagen.”
Wie kann man seine eigenen Charaktere nicht mögen?
Etwas, das immer auf Unverständnis stößt, ist die Aussage, einen Charakter nicht zu mögen. Das wären doch alle Teile von einem selbst. Das stimmt aber nur bedingt. Natürlich muss man sich in seine Charaktere hineinversetzen können, in Helden, Bösewichte, freundliche und unsympathische Figuren gleichermaßen.
Aber die Annahme, man würde sich mit seinen Charakteren identifizieren, ist in den meisten Fällen schlichtweg falsch. Im Gegenteil: eine gewisse Distanz zu den eigenen Charakteren hilft beim Schreiben, damit sie sie selbst bleiben können und nicht plötzlich die Persönlichkeit des Autors bekommen.
Und auch wenn alle Charaktere ihre Berechtigung haben, gibt es fast immer ein paar, die einem mehr ans Herz gewachsen sind als andere – und oft eben auch den einen oder anderen Charakter, gegen den man eine regelrechte Abneigung entwickelt.
Fallen dir deine Geschichten einfach so im Alltag ein?
Ich glaube, es ist bei niemandem so, dass er durch die Gegend spaziert und plötzlich wie vom Blitz getroffen eine fix fertige Geschichte im Kopf hat. Auch wenn Schreiben Spaß macht, ist es doch immer mit viel Arbeit und Einsatz verbunden.
Aber prinzipiell begleiten mich meine Geschichten wirklich auf Schritt und Tritt und finden Nahrung überall. Man steht im Bus und geht im Geist Dialoge der Charaktere durch, man wartet an der Kassa und überlegt sich Möglichkeiten, wie die imaginäre Welt sich entwickelt, oder sieht eine Kleinigkeit auf der Straße und denkt: Es wäre doch interessant, wenn …
In jeder Situation und ohne Vorwarnung kommen einem die besten Ideen. Oft genug muss man dann schnell etwas herausfischen, um einen Gedanken festzuhalten, bis man ihn verwenden kann. Blöd ist nur, wenn man ihn, wenn es dann soweit wäre, nicht mehr nachvollziehen kann.
Warum schreibst du so grausliche Sachen?
Gerade als Horror-Autor bekommt man leicht unterstellt, man wäre nicht ganz richtig im Kopf und vielleicht ein heimlicher Möchtegern-Serienkiller. Sonst würden einem doch nicht solche Geschichten einfallen! Wer weiß, vielleicht gibt es solche Leute wirklich? Dann wäre das wahrscheinlich auch in Ordnung, solange das Schreiben für sie eine wirkungsvolle Therapie darstellt.
Für die meisten Schreiberlinge ist der Hintergrund aber viel banaler. Man schreibt, worüber man nachdenkt, wovor man vielleicht selbst Angst hat, was man an der Menschheit beobachtet. Es ist nicht die Schuld der Schreiber, dass viele “Was wäre wenn”-Szenarien automatisch in einer Katastrophe enden, sobald man den Faktor Mensch mit einkalkuliert. Davon abgesehen: Über Chaos ist es nun einmal viel spannender zu lesen als über eine perfekte Welt – und jedes Paradies hat seine Schattenseiten.
Gibt es auch etwas, worüber du nicht schreiben würdest?
Gibt es. Wahrscheinlich sollte man vor solchen “sag niemals nie” Situationen auf der Hut sein, aber es gibt durchaus Szenarien, in die ich mich nicht genug hineinversetzen möchte, um darüber schreiben zu können.
Welche Tipps kannst du zum Schreiben geben?
Schreiben! Nicht so viel von der eigenen Erwartungshaltung abbringen lassen, je mehr man schreibt, umso flüssiger und besser wird es. Ich habe mich lange Zeit immer selbst vom Schreiben abgehalten, weil mir meine Ideen nicht gut genug vorgekommen sind. Aber niemand muss gleich einen Bestseller aus der Feder schütteln – einfach über den eigenen Schatten springen und jeden Blödsinn aufschreiben, der einem einfällt. Mit der Zeit tut man sich immer leichter, eine einmal begonnene Geschichte weiterzuspinnen und aufzubauen.
Außerdem tut es gut, fleißig zu konsumieren, und das nicht nur aus den Bereichen, in denen man selbst schreibt. Neues auszuprobieren erweitert nicht nur den Horizont, sondern auch den Wortschatz!